Es gibt seit einigen Jahren eine sehr emotional geführte Debatte über die angebliche Gefährlichkeit von Hundekot auf Futterwiesen für Kühe. Wie so oft, wenn Themen emotional aufgeheizt diskutiert werden, vermischen sich Dichtung und Wahrheit, aber die Beharrlichkeit mit der hier vor allem von landwirtschaftlichen Institutionen mit Halbwahrheiten argumentiert wird, ist doch sehr bemerkenswert. Bemerkenswert ist auch, wie gern Politiker sich solchen Verschwörungstheorien anschließen und in Verordnungen umsetzen.
Zum sogenannten Problem: Es geht um einen auch von Hunden übertragbaren Parasiten, der als Frühgeburten-Auslöser bei Kühen gilt. Der von dem hier die Rede ist, heißt Neospora caninum, und er ist inzwischen sogar zum Auslöser von Gerichtsfällen geworden. Es gab bereits heftige Debatten zwischen Hundehaltern und Landwirten, die mitunter darin gipfelten, dass Hunde samt Halter von den Weiden vertrieben wurden.
Neospora caninum ist ein Einzeller, der hauptsächlich im Organismus von Grasfressern parasitiert. Entdeckt wurde er erstmals 1988 im Hirn eines Hundes, weshalb er (voreilig) die Artbezeichnung “caninum” erhalten hat. Der Nebel von Unklarheiten über den neu entdeckten Erreger lichtete sich erst nach 10 jähriger Forschungsarbeit. Erst danach hatte man so viele Informationen gesammelt, dass man sich ein Bild vom tatsächlichen Lebenszyklus von neospora caninum machen konnte. Heute weiß man, dass sich neospora caninum vornehmlich in den Darmzellen von Pflanzenfressern vermehrt. Die Geschlechtsprodukte, die Oozysten, sind mikroskopisch klein und werden mit dem Kot ausgeschieden. Gelangen nun solche Stadien auf Weiden oder ins Futter, können sich andere Pflanzenfresser damit anstecken. Das Rind selbst stellt also den wichtigsten Zwischenwirt für Neospora caninum dar. Ausgewachsene Kühe erkranken nicht, übertragen jedoch den Parasiten während der Trächtigkeit auf das Kalb. Und nun das Problem: Lokalisiert sich dieser ungünstig im Hirn des sich entwickelnden Fötus, kann es zum Tod und damit zum frühzeitigen Ausstoßen der Frucht kommen. Wenn nicht, dann bleibt das Kalb lediglich Zwischenwirt.
Die Rolle des Hundes
Tatsächlich kann sich auch ein Hund mit Neospora caninum infizieren. Aber nur dann, wenn er die Placenta einer infizierten Kuh frisst.
Und zwar nur dann!
Welcher Stadthund kommt aber an die infizierte Placenta einer Kuh? Das höchste Ansteckungsrisiko (über den Hund) für Kühe dürfte demzufolge vom eigenen Hofhund ausgehen, während Familienhunde, die ausschließlich mit Fertigfutter oder gegartem Fleisch ernährt werden, kaum eine Ansteckungsquelle für das Rind darstellen können. Eine Studie hat außerdem ergeben, dass es eine sehr hohe Zahl infektiöser Stadien im Hundekot braucht, damit sich Kühe über das Futter überhaupt anstecken können und es zum Abort kommt.
Die generelle Anschuldigung, dass alle Hunde und damit die Hundehalter als Risikogruppen für Rinderaborte gelten, ist damit unhaltbar.
Zusammenfassung der wissenschaftlichen Erkenntnisse
Ein infiziertes Tier muss nicht erkranken, es kann lebenslang Träger sein, ohne Symptome zu zeigen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Erkrankung bei einer auftretenden Schwächung des Immunsystems, beispielsweise als Folge von Stresssituationen oder medikamentösen Behandlungen, auftritt.
Hunde können, sowohl Zwischen- als auch Endwirt sein. Endwirt kann ein Hund aber nur dann werden, wenn er Neospora-haltiges Gewebe (v.a. die Placenta einer Kuh) aufnimmt.
Eine natürliche Infektion des Hundes durch die orale Aufnahme von Oozysten ist bisher noch in keinem Fall nachgewiesen worden.
Die Veterinärmedizinische Universität Wien weist in einer Aussendung auf eine von der Uni durchgeführte Studie hin, welche die Vorwürfe der Bauern entkräftet. Der Infektionsdruck durch “Spaziergängerhunde” wird von den Wissenschaftlern als bedeutungslos eingestuft. Die eigenen oder benachbarten Hofhunde, die mit rohem Fleisch gefüttert werden, in welchem der Parasit vorkommt, seien selbst einem wesentlich höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. Problematisch sei zudem, dass die Hofhunde von den tot geborenen Kälbern und den Nachgeburten fressen – damit wird der Infektionszyklus nie unterbrochen.
Die Universität an die Bauernschaft: “Das Verfüttern von Schlachtabfällen oder rohem Fleisch (infizierter Tiere) an Hunde ist strikt zu unterlassen.”
Ungeachtet dessen zwei Grundsätzlichkeiten zum Schluss:
Eine Futterwiese ist nur kurz vor der Mahd (also maximal 2 Wochen davor) und während der Heubereitung eine „Futter“-Wiese. Danach ist sie eine gemähte Wiese, die wieder etliche Wochen, resp. Monate benötigt, bis sie wieder zur „Futter“-Wiese herangereift ist. Hundekot wäre hier einfach nur Dünger, der bereits nach dem ersten kräftigen Regenguss im Boden verschwunden ist.
Die Hinterlassenschaften eines Hundes sind IMMER UND ÜBERALL (also auf allen Wegen, Straßen, Feldern, Wiesen – auch den gemähten – und Grünflächen) vom Hundeführer zu entfernen (Säckchen). Aus Anstand und aus Gründen der Rücksichtnahme Mensch und Tier gegenüber!
(Quelle: www.vetmeduni.ac.at, www.fairdog.at)
entnommen aus www.meinbezirk.at
NACHTRAG:
hier geht es zu der Veröffentlichung der VetMed Wien
und einer weiteren Veröffentlichung zu diesem Thema vom LGL Bayern